Montag, 13. Januar 2014

Das Ende

Du bist seltsam, Ada, aber ich liebe dich, sagte Bo jetzt. Ich hielt den Hörer in der Hand und mein Nacken wurde heiß. Gehen wir auf den Friedhof am Sonntag, fragte ich und Bo schwieg. Bo, sagte ich und er räusperte sich. Ich habe dir etwas sehr Wichtiges gesagt, Ada, und du musst dazu etwas sagen, sagte Bo.
Was soll ich sagen, fragte ich. Ich hatte so viele Wörter, ich liebte die Sprache, ich hatte sie studiert, und nun half sie mir nicht, gab mir keine passenden Worte, nur ein Krächzen, etwas Vorsprachliches, nichts, das Bo verstand, nichts, das es mir selber erklärte. Bo, sagte ich, was soll ich dir sagen. Liebst du mich, sagte Bo, ich muss es wissen.
Ich schwitze und der Hörer rutschte in meiner Hand. Ich dachte nach und ich wusste, dass dies der Moment war, und ich sagte, Bo, das ist der Moment, oder? Bo sagte, ja, und mein Nacken brannte. Ist es so schwer, fragte Bo. Nein, dachte ich, aber das ist keine Antwort, keine, die du hören möchtest. Was ist eine Antwort? Bo, hämmerte es in meinem Kopf. Was sollte ich ihm sagen?
Ich dachte an sein verschwitztes Haar und seine blitzenden Augen und an die Wollsocken auf dem Wohnzimmertisch und an Bo, der aus dem Stall kam mit hochgekrempelten Ärmeln und Schmutz im Gesicht. Ich sah ihn vor mir, wie er mit seiner Nase im Weinglas jede einzelne Traube würdigte, bevor er trank, und wie er Siegfried zärtlich über den Kopf strich. Es waren kleine perfekte Momente. Momente, die keiner Worte bedurften, doch jetzt brauchte ich sie und fand keine. Bo, flüsterte ich.
Ich dachte an seine Küche, die nach Schwein roch, und an seinen messerscharfen Verstand, und ich dachte an Bo, wie er neben mir in der Oper saß, sie sonst wilden Haare ordentlich gescheitelt, meine Hand nahm und die Musik plötzlich vielfarbig wurde. Mir fiel meine Mutter ein, die mich fragt, kocht dein Blut, Ada, kannst du es fühlen, und ich fühlte in mich hinein und damals sah ich es nicht, weil ich es nicht kannte, aber jetzt war es da, eine Atemnot, ein Wortstillstand und ein großer Schmerz, und ich flüsterte, ich liebe dich, Bo, in das Knacken am anderen Ende der Leitung, und das Schweigen stimmte unser Ende an wie ein Fanfare. Ich wusste nicht, was es bedeutete.

aus: Nicole Balschun: Ada liebt. Dumont, 2011. Seite 9 & 10.

Sonntag, 12. Januar 2014

Happy New

upload

ich brauche noch ein paar momente, um im neuen jahr anzukommen. alle sind schon in der mitte des monats, ich weiß noch nicht einmal, wie sich anfühlt, 2014 zu schreiben. es helfen: ein neues buch anfangen, glück haben, dass es gut ist und es dann in anderthalb tagen durchlesen; die erinnerung an die wolken und dass dort oben immer die sonne scheint; verspätete weihnachtskarten von freunden lesen; sich aufs jahr freuen, mit allem, was kommt. happy new year!

Montag, 23. Dezember 2013

oversea christmas

upload

alle warten auf weihnachten, ich warte darauf, dass ich wieder schlafen kann ... puh, die letzten tage und wochen waren aufregend, in vielerlei hinsicht. schöner könnte karussel fahren auch nicht sein. ich freue mich tatsächlich auf die distanz, auf viel neues, sommer & sonne. ich habe es noch gar nicht erzählt, aber viele wissen es: bonni & ich werden ein paar tage in brasilien sein. während sich hier hunde die nasen an den scheiben platt drücken und alle ihre geschenke auspacken. ich wünsche euch wunderbare weihnachten mit euren lieben, ruhige momente, ehrliche herzschläge und das vertrauen darauf, dass alles gut wird! xxx merry christmas xxx

Samstag, 21. Dezember 2013

Mein Herz, ich will dich fragen

Mein Herz, ich will dich fragen,
Was ist denn Liebe, sag'? -
"Zwei Seelen und ein Gedanke,
Zwei Herzen und ein Schlag!"

Und sprich, woher, woher kommt Liebe? -
"Sie kommt und sie ist da!"
Und sprich, wie schwindet Liebe? -
"Die war's nicht, der's geschah!"

Und was ist reine Liebe? -
"Die ihrer selbst vergisst!"
Und wann ist Lieb' am tiefsten? -
"Wenn sie am stillsten ist!"

Und wann ist Lieb' am reichsten? -
"Das ist sie, wenn sie gibt!"
Und sprich, wie redet Liebe? -
"Sie redet nicht, sie liebt!"

Friedrich Hahn

Freitag, 20. Dezember 2013

oversize luggage

upload

Mein Herz hat Übergewicht, der Kopf ist voll. So voll wie der Schreibtisch in seinen schlimmsten Zeiten (also jetzt!). Ich bin nach Hause ins Brandenburgische geflohen und nehme wie jedes Jahr alles mit, was ich vor Weihnachten nicht geschafft habe: ungeschriebene Karten, nicht eingepackte Geschenke, letzte Worte (sogar ganze Schubladen mit den Bastel-Utensilien). Same, same, jedes Jahr neu und doch überraschend. Verstärkend kommt hinzu, dass außer mir noch niemand in Weihnachtsstimmung ist. Alle haben ja noch Zeit ... Nur ich möchte immerzu Mandelstollen essen, Kerzen anzünden und alle umarmen. Ich kann mir schon vorstellen, dass das nervt, aber die Familie hält sich tapfer. Ich mich auch.

Dienstag, 10. Dezember 2013

to stay

upload

ich möchte ein bisschen in diesen tagen bleiben. freunde treffen, kaffee trinken, alte orte besuchen & neue entdecken. hier berlin, dort meine wohnung, wo räucherkerzenduft weihnachten ankündigt. doch in mir drin tickt es: a lot to do! ich will geschenke verpacken, persönliche briefe schreiben, meine letzten listen abhaken, den adventsbrunch vorbereiten, den schreibtisch aufräumen, spazieren gehen in diesen klaren nächten, noch einmal reden. und bitte: alles ganz in ruhe! mir zieht es schon ein bisschen die pantoffel aus, denn gefühlt bin ich schon bei weihnachten. dabei will ich das gar nicht. heute ist doch erst türchen zehn dran! puh, also: einmal durchatmen!

Mittwoch, 27. November 2013

Türen schließen

Wenn ein Freund weggeht,
muss man die Türe schließen,
sonst wird es kalt.

Bertolt Brecht

Dieser Tage würde ich gerne ein paar Türen schließen, nur für mich und in meinem Gedankenkarussel. Das Dorf im Frühwinter (Spätsommer gibt es ja schließlich auch!) ist ein Traum: früh versteckt sich die Sonne hinterm Berg und schickt die Dämmerung vor. Die Schornsteine dampfen dann schon und erinnern mich an zuhause, wo es im Winter nach Holz riecht. Meist ist es hier neblig, und somit melancholisch. Der Raureif setzt sich auf alles und macht, dass ich schneller laufe, damit mir warm wird.

Freitag, 22. November 2013

wunder

in den letzten tagen im november gehen mir doch tatsächlich die farben aus. aber nicht die kleinen wunder des alltags! so zum beispiel: dass die crew an einem supervollen drehtag am bodensee alles schafft und dann pünktlich zum pizza-essen bereit ist. dass ich unverhofft telefoniere und trotzdem noch genug zeit für alles andere da ist. dass mir jemand aus dem herzen spricht. dass ich in andere leben schauen darf, aus beruflichen gründen. dass ich ein warmes bett habe. und ein gutes buch.

upload

Zitat

Wir können vor lauter Angst nicht auf Zehenspitzen durchs Leben schleichen

Musik


Sophie Hunger
The Danger Of Light

Brandenburgische Wörter

(1) kaupeln (2) Plins (3) wa (4) lutschen (mit langem u) (5) nich (6) luntschen (7) tikschen (8) nüscht (9) zutschen (10) rückzu (11) schlurfen (12) schnurpsen

Suche

 

Profil
Abmelden
Weblog abonnieren